Weshalb und wie wirkt Chiropraktik?

Der Chiropraktor stellt die normale Funktion von Gelenken wieder her, macht sie wieder beweglich, indem er verschiedene manuelle Techniken einsetzt, um Blockaden eines Gelenkes zu beheben oder dessen eingeschränkte Beweglichkeit wieder herzutellen. Dabei bewegt er das Gelenk – auch Wirbelgelenke – mit einem präzisen, fein dosierten, manuellen Impuls, ohne die physiologischen Grenzen zu überschreiten. Die blockierten Gelenkflächen werden dabei getrennt. Das stellt die Beweglichkeit des Gelenkes wieder her oder erhöht sie zumindest. Hier sei gleich ein häufiges Missverständnis ausgeräumt: Der Chiropraktor renkt Gelenke weder ein noch aus.

Die bewegliche Verbindung zweier oder mehrerer Knochen ist das Gelenk. Häufig wird übersehen, dass auch die Wirbelsäule aus einer Reihe von Gelenken besteht. Gelenke treffen mit ihren Gleitflächen aus Knorpel aufeinander. Eine Gelenkkapsel mit Gelenkflüssigkeit umschliesst die meisten Gelenke. Die Aufgaben der Flüssigkeit sind die Ernährung des Gelenkknorpels, das Schmieren der Gelenkflächen und die Stossdämpfung. Gelenkkapsel, Bänder, Sehnen und der Unterdruck in der Gelenkkapsel halten die Gelenke zusammen. Bänder verbinden Knochen mit anderen Knochen, Sehnen sind die Verbindung zwischen Knochen und Muskeln. Sehnen übertragen die Kräfte der Muskeln auf die Gelenke.

Die aktiven Teile der Gelenke sind die Muskeln: Sie haben eine Grundspannung. Das Nervensystem bestimmt und kontrolliert die Grundspannung. Die Grundspannung der Muskulatur steigt bei Erregung – zum Beispiel bei Stress, nach Koffein- oder Nikotinkonsum. Als Sensoren, zum Beispiel in den Gelenken, in Muskeln, Bändern, Sehnen und in der Haut dienen die Rezeptoren. Sie erfassen äussere und innere Reize: Druck, Dehnung, Hitze, Kälte. Diese Empfindungen «übersetzen» die Rezeptoren in eine für das Nervensystem verständliche Form und senden sie in das Rückenmark. Das Rückenmark ist die Verlängerung des Gehirns. Dort werden Informationen verarbeitet und weiter- beziehungsweise zurückgeleitet.

Je mehr Informationen ins Gehirn und ins Rückenmark gelangen, desto mehr Informationen fliessen zurück zu den Gelenkrezeptoren, zu den Muskeln und zum vegetativen Nervensystem. Wird beispielsweise ein Knie verletzt, gelangt verstärkt Information über diesen Vorfall ins Rückenmark und ins Gehirn zur Verarbeitung. In der Folge werden entsprechend mehr Informationen in die betroffenen Muskeln gesandt: Die Muskelspannung steigt, ebenso der Schmerz. Als Regel gilt, dass Informationen aus einem bestimmten Bereich ins Rückenmark Rückinformationen in den gleichen Bereich zur Folge haben: Nach einer Verletzung der Knies etwa gelangen Befehle zum Reagieren hauptsächlich an Muskeln des Ober- und es Unterschenkels.

Jetzt ist klar, dass der Zustand der Wirbelsäule das Nervensystem beeinflusst: Funktioniert die Wirbelsäule einwandfrei, gelangen von den Wirbelgelenken wenig Informationen ins Rückenmark und ins Gehirn und von dort zurück zur Muskulatur: Die Muskelspannung ist normal. Die Muskulatur ist einsatzbereit.

Ist jedoch die Funktion der Wirbelsäule gestört, weil zum Beispiel ein Wirbelgelenk blockiert ist, erhöhen die Sensoren, also die Rezeptoren in den Wirbelgelenken, den Fluss der Information ins Rückenmark und ins Gehirn. Entsprechend mehr Signale werden auf ihren Rückweg in die Muskulatur gesandt – jedoch nicht nur in die Muskeln im betroffenen Teil der Wirbelsäule: Auch Muskeln ferner liegender – peripherer – Gelenke, die ihre Befehle aus dem betroffenen Abschnitt der Wirbelsäule erhalten, werden mit einbezogen.

Nun erhöhen die Muskeln ihre Grundspannung. Werden sie jetzt bewegt, ziehen sie sich stärker zusammen als es für ihre Aufgabe eigentlich notwendig wäre. Die zu hohe Spannung verringert die Durchblutung des Muskels. Minderdurchblutete Muskeln aber werden nicht ausreichend mit «Brennstoff» für die Muskelzellen versorgt. Die Muskelzelle kann sich nicht mehr lösen, die Funktion des Muskels ist stark eingeschränkt, weil Bewegungsumfang und Kraft vermindert sind.

Das Malheur nimmt jetzt seinen Gang: Das betroffene Gelenk wird falsch belastet. Bei jeder Bewegung wirken höhere Zug- und Druckkräfte als üblich. Knorpel, Gelenkkapsel, Bänder und Sehnen leiden darunter, aber auch andere Muskeln. Diese müssen Aufgaben übernehmen, für die sie nicht vorgesehen sind. Die Folgen: Fehlfunktionen, Entzündungen von Sehnen und Schleimbeutel, Muskelverletzungen und Schmerzen. Die Schmerzen zwingen nun zu einer Schonhaltung. Diese überbelastet die noch intakten Gelenke und Muskeln – was, wenig erstaunlich, diese mit der Zeit schädigt.

Nun beginnt der Chiropraktor mit seiner Arbeit: Er hat die Aufgabe, den Schmerzkreis zu durchbrechen. Mit seiner chiropraktischen Behandlung behebt er die Störung im betroffenen Wirbelsäulengelenk und vermindert damit den erhöhten Informationsfluss ins Rückenmark. Damit erhält die betroffene Muskulatur wieder die übliche Informationsmenge, und ihre Grundspannung normalisiert sich. Das verbessert die Muskelfunktion; die Fehlbelastung nimmt ab, Reize und Entzündungen gehen zurück.

Manchmal wird bei der Behandlung ein Knacken vernommen: Werden die knöchernen Gelenkpartner voneinander getrennt, entsteht ein Unterdruck im Gelenk; Teile der Gelenkflüssigkeit verändern ihren Aggregatszustand und werden gasförmig. Dabei kommt es zum schmerzfreien Knacken.

Oft kommen Gelenkbeschwerden nicht schlagartig, sondern schleichend. Schon beginnenden Anzeichen von Gelenksproblemen in Wirbelsäule, Armen oder Beinen sollte man deshalb den Chiropraktor konsultieren. Er wird versuchen, die Beschwerden so rasch als möglich in den Griff zu bekommen, um so lange dauernden Schmerzen vorzubeugen.